Erstellt von Bernhard Zimmer | |   Kreisverband

Sehr geehrter Herr Staatsminister,

Grenzen der Selbstbestimmtheit und finanzielle Belastung der „Jungen“ durch Atommüll aus Bayerns Kernkraftwerken.

Offener Brief an den Bayerischen Staatsminister für Umwelt und Verbraucherschutz, Dr. Marcel Huber

 

Sehr geehrter Herr Staatsminister,

im Juni waren Sie zu Besuch in der Biosphärenregion Berchtesgadener Land und haben anlässlich eines politischen Abends als Staatsminister in Ainring eine Rede gehalten. Sie werden in den Medien (PNP, BGLAND24) wie folgt zitiert:

„Ein weiteres Beispiel, dass Polarisierung das Allgemeinwohl gefährdet, ist für Huber die Energiewende: Man habe den Ausstieg aus der Atomkraft beschlossen, obwohl diese doch CO2-neutral sei. Wenn man sich jetzt aber für regenerative Energien wie Wasserkraft oder Windkraft einsetze, „hat man nichts als Ärger und Gegnerschaft“. Hubers Schlussfolgerung: „Wir müssen von diesen Polarisierungen weg. Wir leben in einem so schönen Land. Da können wir uns doch in Ruhe zusammensetzen und miteinander vernünftige Lösungen suchen.““

Es stellt sich für uns die Frage, ob Sie falsch zitiert wurden oder Sie es tatsächlich nicht besser wussten?

Die Atomenergie war noch nie „CO2-neutral“ und kann es auch gar nicht sein. Das ist längst wissenschaftlich belegt und nachzulesen beispielsweise in einer Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages (WD8-056/2007). Es liegen auch keine neueren und anderen Erkenntnisse vor, denn am 14.11.2017 hat das Umweltbundesamt folgende Meldung online publiziert:

„Atomstrom ist keineswegs CO2-neutral. Atomkraftwerke verursachen im Betrieb zwar keine CO2-Emissionen. Aber: Die Treibhausgasemissionen sind größtenteils der Stromproduktion vor- und nachgelagert. Betrachtet man den gesamten Lebensweg – von Uranabbau, Brennelementherstellung, Kraftwerksbau und -rückbau bis zur Endlagerung – so ist in den einzelnen Stufen des Zyklus zum Teil ein hoher Energieaufwand nötig, wobei Treibhausgase emittiert werden. Atomkraft verursacht deutlich weniger CO2-Emissionen als Kohlekraftwerke, aber mehr als die erneuerbaren Energien.“
(https://www.umweltbundesamt.de/service/uba-fragen/ist-atomstrom-wirklich-co2-frei, gesehen am 24.06.2018)

Wenn Sie also als Verbraucherschutzminister die sehr hohen Risiken der Technologie sowie die völlig ungelöste Problematik der Entsorgung des Atommülls in Ihrer Betrachtung weggelassen haben, hätten Sie sich zumindest als Umweltminister in punkto Energiewende und Klimaschutz an die Fakten halten müssen. Stattdessen wettern Sie über die Gegnerschaft bei „Wasserkraft oder Windkraft“, die zu keiner sachlichen Diskussion bereit wäre.

Wir dürfen Sie daran erinnern, dass die Innovationsbremse, die „10-H-Regel“, aus Ihrer eigenen Mannschaft stammt und auch das Berchtesgadener Land davon betroffen ist. In punkto Wasserkraft verlassen Sie offensichtlich Ihre eigene Position aus dem Jahr 2014 (Traunsteiner Tagblatt, 01.09.2014).

Wir unterstützen Sie aber gerne, wenn Sie bereit sind endlich vernünftig über eine nachhaltige Energieversorgung zu diskutieren. Kommen wir aber zum Kernpunkt unseres Briefes, denn ein zweites Zitat aus Ihrer Rede halten wir für sehr bemerkenswert:

„Ihr Jungen dürft einmal ganz alleine bestimmen, was ihr mit eurem Geld anfangt. Ihr müsst nicht mehr die Schulden der Alten abbezahlen, die mit dem Geld nicht umgehen konnten.“

Warum führen Sie die jungen Menschen als Umweltminister derart hinter’s Licht?

Unsere Kinder und Kindeskinder, nein es werden hunderte von Generationen sein, sie werden ihr Geld ausgeben müssen, um die riesigen Mengen radioaktiven Mülls zu beseitigen, zu bewachen und umzulagern. Müll, den eine Generation, die offensichtlich mit Risiken nicht umgehen konnte und Kosten immer gerne auf die „Jungen“ verschiebt, produziert hat.

Gerade in einer Region, in einer UNESCO-Biosphärenregion, hätten wir uns von einem amtierenden Staatsminister mehr erwartet, auch in einer Bierzelt-Rede.


Dr. Bernhard Zimmer
Sprecher des Kreisverbandes von BÜNDNIS90/Die Grünen